Einführung
LoRaWAN (Long Range Wide Area Network) ist ein Funkstandard für das Internet der Dinge.
Durch Community-Projekte wie das „The Things Network“ lassen sich kostengünstige IoT-Lösungen schaffen. Die Nutzung des Systems ist kostenlos jedoch muss ein Gateway (ein Zugangspunkt ins Internet) in Funkreichweite sein.
Um eine flächendeckende Versorgung für LoRaWAN-Geräte zu ermöglichen werden viele Gateways benötigt. Obwohl LoRaWAN in Europa im 868 MHz Band arbeitet, was bei der Reichweite und Durchdringung viele positive Eigenschaften mit sich bringt ist hinter Bergkuppen, in Tälern und Häuserschluchten schnell Schluss. Dort hilft nur das Aufstellen weiterer Gateways.
Während die LoRaWAN-Nodes im Selbstbau schon ab etwa 10 € beginnen muss man für ein Gateway deutlich tiefer in die Tasche greifen. Das liegt daran, dass diese technisch viel aufwändiger sind. So muss ein Node nur auf einem Kanal arbeiten, ein Gateway aber auf mehreren Kanälen gleichzeitig empfangen können. Des weiteren kann das Signal gespreizt werden um bei gleicher Sendeleistung eine weitere Übertragungsstrecke zu erreichen. Ein Gateway kann hierfür auf allen Spreizfaktoren (SF) gleichzeitig arbeiten. Hierzu kommt dann noch die Umsetzung der Daten auf IP.
Gateways
Industrielle Gateways von Kerlink oder Cisco kosten meist über 1000 € was für private Anwendungen natürlich zu viel ist.
Als ich 2018 in LoRaWAN eingestiegen bin musste man im Selbstbau noch mit mindestens 200 € für ein Gateway rechnen. Ich habe mich für ein fertiges Gateway, dem IMST LoRa Lite Gateway für etwa 250 € entschieden.
Das Gateway basiert auf einem iC880A Concentrator Board und einem Raspberry PI.
2019 brachte The Things Industries das „TTIG“ (The Things Indoor Gateway) für etwa 85 € auf den Markt.
Das Gateway ermöglicht einen günstigen Einstieg mit einem vollwertigen Gateway. Da das Gateway über keine Ethernet-Schnittstelle verfügt und das WLAN ab und zu für Probleme sorgt ist es jedoch nur begrenzt für den produktiven und autonomen Einsatz geeignet. Das Gateway ist von Werk aus auf das The Things Network eingerichtet, dies kann auch nicht ohne weiteres geändert werden.
2020 hat MikroTik seinen Outdoor-Accespoint mit einem LoRa-Modul ausgestattet und verkauft diesen nun für etwa 150 € als „MikroTik wAP LoRa8 kit“.
Das Gateway ist direkt für den Außeneinsatz geeignet und bringt alles mit, was man für den Betrieb benötigt. Das Gateway beinhaltet eine LoRa Antenne und bietet zudem die Möglichkeit für den Anschluss einer externen Antenne. Das Gateway bietet viele Features und ist somit mein aktueller Favorit:
- Ethernet-Schnittstelle mit optionaler Versorgung über passives POE
- interne Antenne
- Spannungsversorgung mit 9…30V
- 2.4 GHz WLAN
- gleichzeitiges Senden an verschiedene LoRaWAN Netzwerke
- Outdoor-Gehäuse
In meinen Augen ist das Gateway im Vergleich Preis-Leistung mit das Beste, was es aktuell auf dem Markt gibt.
Antennen
Für LoRaWAN Gateways gibt es zahlreiche Antennen auf dem Markt. Die Wahl der Antenne ist meiner Meinung nach auch eine Philosophiefrage. LoRaWAN hat ein sehr hohes Link Budget, was bedeutet, dass zwischen Sender und Empfänger eine hohe Dämpfung herrschen kann. Bei LoRaWAN sind das üblicherweise > 150 dB. So sind die theoretischen Steigerungen von 3 bis 4 dB, die man sich durch eine teure Antenne erkauft oft gar nicht ausschlaggebend. Durch eine Optimierung der Position des Gateways (möglichst hoch, an einem guten Standort) lässt sich die Empfangsleistung eines Gateways jedoch deutlich steigern. Die Aussage aus Mel Brook’s Dracula trifft auch hier zu: „Eine gute Lage ist eine gute Lage ist eine gute Lage!“.
Da man ja üblicherweise für LoRaWAN keine Richtfunkstecken aufbauen will, sondern aus allen Richtungen die Daten der Nodes empfangen will eigenen sich keine Richtantennen wie Yagi- oder Parabolantennen mit vergleichsweise hohem Antennengewinn von >10 dBi, sondern man verwendet omnidirektionale Antennen (Rundstrahler). Diese Antennen nehmen die Signale aus allen (Himmels-)Richtungen mit nahezu gleicher Intensität auf.
Bei den Rundstrahlern gibt es jedoch auch Antennen mit unterschiedlich hohem Antennengewinn.
Der Antennengewinn ergibt sich aus der Bündelung der Empfangsrichtung auf einen schmalen Öffnungswinkel. Dies bedeutet je höher der Antennengewinn desto kleiner der Bereich in dem sich der LoRaWAN-Node befinden darf um gut empfangen zu werden.
Im urbanen Bereich auf einem hohen Hausdach ist man somit mit einer Antenne mit hohem Öffnungswinkel vermutlich besser aufgestellt als mit einer Antenne die zwar einen sehr hohen Antennengewinn, zeitgleich aber einen sehr schmalen Öffnungswinkel hat.
Hier im Test werden zwei Gewinnantennen mit 6 dBi (Varia, links) und 6,5 dBi (MikroTik, rechts) Antennen mit der internen 2,5 dBi Antenne des MikroTik Gateways im Praxistest vergleichen.
MikroTik LoRa Antenne
- Horizontaler Öffnungswinkel: 360°
- Vertikaler Öffnungswinkel: 30°
- Antennengewinn: 6,5 dBi
- Anschluss: SMA
- Größe: 25 x 950 mm
- Preis: 46,90€ (OMG.de 11.5.2020)
- VSWR (gemessen): 1,4
Die Antenne macht einen stabilen Eindruck und wird mit Montagematerial und einem 1 m SMA Kabel ausgeliefert. Das Kabel hat eine Dämpfung von etwa -0.3 dB und wirkt durch den dünnen Durchmesser etwas empfindlich.
Zu beachten ist hierbei, dass ein SMA-Stecker im Gegensatz zum N-Stecker nicht abgedichtet ist. Für die feste Montage empfehle ich den Stecker an der Antenne mit selbstverschweißendem Band abzudichten.
Die Masthalterung besteht aus zwei Bügeln und kann eine Mastgröße von 30-50 mm aufnehmen.
Mit einem VSWR von 1,4 überträgt die Antenne etwa 97 % der eingespeisten Leistung.
VARIA Group Omni Antenne, 860-960 MHz, 6 dBi
- Horizontaler Öffnungswinkel: 360°
- Vertikaler Öffnungswinkel: 16°
- Antennengewinn: 6 dBi
- Anschluss: N
- Größe: 34 x 850 mm
- Preis: 39,58€ (varia-store.com 11.5.2020))
- VSWR (gemessen): 1.3
Die Antenne macht einen gut verarbeiteten Eindruck. Die Aufnahme der Antenne an dem Winkel wirkt etwas instabiler als bei der MikroTik- Antenne. Außerdem verfügt die Antenne nur über einen Bügel für die Mastmontage. Dennoch hat die Antenne einen guten Halt.
Die Antenne hat einen N-Stecker, was den Vorteil hat, dass dieser schon wasserdicht ist. Dennoch würde ich den Stecker zusätzlich noch mit selbstverschweißendem Band abdichten.
Mit einem VSWR von 1,3 überträgt die Antenne etwa 98 % der eingespeisten Leistung.
Antennen im Praxistest
Im Praxistest werden die Antennen an einem MikroTik wAP LoRa 8 getestet.
Laut Herstellerangaben ist das Gateway mit einer internen 2 dBi Antenne ausgestattet. Die beim Test verwendeten Antennen mit 6 dBi und 6,5 dBi müssten somit zu einem 4 bis 4,5 dB stärkerem Signal führen.
Um dies zu testen wird ein Testsender in einer festen Entfernung positioniert. Der Testsender sendet in kurzen Abständen LoRa-Pakete aus. Das Gateway bzw. die Antenne befindet sich bei dem Test auch an der gleichen Stelle wodurch der Übertragungskanal bei dem gesamten Test nahezu gleich ist. Um dies zu kontrollieren wird als letztes der erste Testdurchgang erneut durchgeführt.
Erster Vergleichstest
Im ersten Test wurden Gateway und Antennen nacheinander auf einem Improvisierten Antennenmast auf dem Balkon befestigt. Der Testsender wurde in etwa 30 m Entfernung in einem Baum abgelegt.
Beim Test wurden die Antennen in folgender Reihenfolge getestet:
- Interne Antenne des MikroTik Gateways
- Varia Store 6dBi Antenne
- MikroTik 6,5 dBi Antenne
- Interne Antenne des MikroTik Gateways (Wiederholung des 1. Tests um Veränderungen des Übertragungskanals festzustellen)
Durch Betrachtung des RSSI kann die Signalstärke am Gateway mit den verschiedenen Antennen verglichen werden.
Die Daten habe ich exportiert und das arithmetische Mittel gebildet. Da es sich bei der dB-Rechnung um eine Logarithmische Einheit handelt ist dies eigentlich falsch. Der richtige Weg wäre vorher die Umwandlung in eine absolute Leistung. Dies habe ich nicht gemacht um es einfacher zu halten. Der Fehler der hierdurch entsteht ist im Vergleich zu anderen Störquellen vernachlässigbar.
Beim Vergleich der Antennen habe ich die interne Antenne als Referenz verwendet. Die Antenne von Varia lag demnach bei -3 dB und die Antenne von MikroTik sogar bei -14 dB.
Das TTIG zeigte im Vergleich des RSSI -4 dB.
Das Ergebnis war nun überhaupt nicht das, was ich erwartet habe und lässt sich für mich auch nicht so ohne Weiteres nachvollziehen. Eine Erklärung hierfür ist, dass die Antennen (das Antennenarray) ihre Leistung erst in großer Entfernung ausspielen können, da auf Grund der verhältnismäßig kurzen Distanz die Eintrittswinkel der Funkwellen zu unterschiedlich sind um die Signale adaptiv zusammen zu fassen.
Vielleicht haben hier auch noch Kontraktschwierigkeiten beim U.FL/IPX Stecker im Gateway geführt. Ein erneuter Test unter gleichen Bedingungen führte bei der MikroTik-Antenne „nur“ noch zu einem Verlust von -6,5 dB. Ein Tausch des Pigtails brachte auch hier keine Verbesserung. Vielleicht arbeiten diese Antennen einfach nicht gut bei Geräten in der Nähe. Um dies zu verifizieren habe ich einen zweiten Test mit einem höheren Abstand gemacht.
Zweiter Vergleichstest
Im zweiten Test wurden Gateway und Antennen ebenfalls auf dem Balkon befestigt. Der Testsender wurde diesmal in etwa 270 m Entfernung in einem Baum abgelegt. Dies entspricht etwa der maximalen Distanz, die ich den Sender hier in nahezu LoS (Line of Sigth) positionieren kann.
Diesmal lag die Antenne von Varia bei -0,6 dB mit der MikroTik Antenne konnte ein Gewinn von 5,6 dB im Vergleich zur internen Antenne erreicht werden. Dies bestätigt die Vermutung, dass diese Antennen einen gewissen Abstand zwischen Sender und Empfänger benötigen um richtig arbeiten zu können. Das die Antenne von Varia immer noch vergleichsweise schlecht abgeschnitten hat liegt vermutlich am geringen vertikalen Öffnungswinkel von 16°. Möglicherweise ist diese Antenne eher für flachere Gebiete zu empfehlen.
Bei diesem Test wurde ebenfalls eine Messung mit dem TTIG durchgeführt. Hier lag der RSSI etwa 7 dB unterhalb dem des MikroTik Gateways mit interner Antenne was durch die sehr klein ausgeführte Antenne des TTIG nicht sonderlich überrascht.
Da die Übertragungsqualität nicht zwangsläufig vom Pegel, sondern eher vom SNR abhängt wurde dieser hier ebenfalls betrachtet. Während der SNR bei den internen Antennen des MikroTik Gateways und des TTIG bei durchschnittlich 7 dB lag konnte bei Verwendung der externen Antennen ein SNR von etwa 8 bis 8,5 dB Festgestellt werden. Da dieser Wert jedoch auch stark von den Umgebungsbedingungen abhängt und starke Schwankungen aufweist würde ich hier jedoch nicht viel rein Interpretieren. Der gestiegene RSSI kann alleine schon durch den höheren Abstand zwischen Antenne und Empfänger/Elektronik zustande kommen.
Test zur Festigung der Abstands-These
Um die These zum „Mindestabstand“ aus dem ersten Test zu festigen habe ich den Abstand noch mal extrem auf nur 4 m verkleinert. Die interne Antenne führt hierbei zu einem 35 dB besseren RSSI im Vergleich zur externen MikroTik Antenne. Natürlich bewegen wir uns hier dennoch ein einem Bereich, in dem es zu keiner Einschränkung auf Grund eines zu geringen Pegels kommt. Ggf. ist dies sogar als positive Eigenschaft zu werten, da somit die nahen und somit ohnehin stärkeren Signale weiter gedämpft werden um die entfernteren Signale besser wahrnehmen zu können.
Fazit und Tipps für das Aufstellen von Gateways
Bei der Verwendung einer externen Gewinnantenne kann die Empfangsleistung verbessert werden. Hierbei sollte jedoch der vertikale Öffnungswinkel von Antennen beachtet werden. Mehr dBi heißt nicht unbedingt, dass es für diesen Anwendungszweck besser funktioniert. Bei starken Höhenunterschieden ist eine Antenne mit „nur“ 3 dBi und einem Öffnungswinkel von 60° vielleicht besser geeignet.
Generell sollte man den Kosten-Nutzen-Faktor nicht aus den Augen verlieren. Statt eine Antenne für 150 € zu kaufen kann man das Geld auch in ein zweites Gateway stecken und hat durch die Abdeckung noch weiter erhöht.
Statt viel Geld in eine Antenne zu stecken kann man außerdem schauen, ob der Standort optimiert werden kann.
Jeder Meter, den das Gateway an Höhe gewinnt steigert die Reichweite. Hierbei spielt sogar die Erdkrümmung eine Rolle. Bei einer höhe von 1m ist der Horizont etwa 4 km Entfernt und bei einer Höhe von 10 m sind es Breits etwa 12 km. Gleiches gilt auch bei der Übertragung von LoRa Funksignalen.
Durch zu lange und schlechte Antennenkabel bekommt man eine zusätzliche Dämpfung in das System. Ein Kabel von 10 m RG58 Kabel hat z.B. eine Dämpfung von knapp 5 dB.
Über Erfahrungsberichte von anderen Nutzern würde ich mich sehr freuen. Vielleicht habt ihr die gleichen Erfahrungen gemacht oder kommt auf ein komplett anderes Ergebnis. Zudem möchte ich betonen, dass es hier um meine persönlichen Erfahrungen handelt und auch Messungen nicht mit geeichten/kalibrierten Messgeräten in entsprechenden Messräumen durchgeführt wurden.
Links
- IMST Lora Lite Gateway
- TTIG
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- Varia Store 6dBi Antenne
- Sichtweite zum Horizont berechnen
Danke an https://twitter.com/thebowmen für das bereitstellen der Varia-Antenne.